Inhalt
Aktuelle Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) haben bei vielen Arbeitgebern für Unsicherheit gesorgt: Reicht es noch, eine Stellenanzeige zu veröffentlichen, oder muss künftig immer ein Vermittlungsauftrag an die Bundesagentur für Arbeit erteilt werden?
Die Antwort: Ja, Du musst die Bundesagentur für Arbeit (BA) einschalten, wenn eine Stelle für schwerbehinderte Menschen geeignet ist – insbesondere dann, wenn Dein Unternehmen die gesetzliche Inklusionsquote nach § 154 SGB IX noch nicht erfüllt.
Diese Pflicht ist Teil eines größeren Gedankens: Ab einer Betriebsgröße von 20 Arbeitsplätzen sollen mindestens 5 % der Stellen mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden (siehe § 154 SGB IX). Ziel ist es nicht, Arbeitgeber zu belasten, sondern Inklusion zu fördern und die vielfältigen Potenziale schwerbehinderter Menschen sichtbar zu machen.
Neu ist das nicht – die Pflicht steckt schon lange im Gesetz (siehe § 164 SGB IX). Aber die aktuellen Urteile des BAG machen klar: Nur ein formeller Vermittlungsauftrag erfüllt sie. Eine einfache Stellenanzeige, selbst in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit, reicht nicht mehr aus.
Wie du das mit Heyrecruit realisieren kannst, erfährst du hier.
Was ist § 164 SGB IX überhaupt?
§ 164 SGB IX beschreibt einen Paragraphen im Sozialgesetzbuch IX („Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“) und regelt die Rechte schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben – und die Pflichten von Arbeitgebern.
Das sagt § 164 SGB IX im Kern:
- Prüfungspflicht (§ 164 Abs. 1 Satz 1): Du musst bei jeder freien Stelle prüfen, ob sie mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann.
- Kontaktpflicht (§ 164 Abs. 1 Satz 2): Du musst frühzeitig die Agentur für Arbeit einschalten.
- Vermittlung (§ 164 Abs. 1 Satz 3): Die BA oder ein Integrationsfachdienst schlägt Dir geeignete Bewerber vor.
- Beteiligung (§ 164 Abs. 1 Sätze 4–7): Falls es eine Schwerbehindertenvertretung gibt, musst Du sie in den Prozess einbinden.
- Benachteiligungsverbot (§ 164 Abs. 2): Schwerbehinderte dürfen nicht schlechter behandelt werden.
- Gestaltungspflicht (§ 164 Abs. 4): Arbeitsplätze müssen im Rahmen des Zumutbaren behinderungsgerecht gestaltet werden.
Das heißt: Du musst nicht jede offene Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen besetzen. Aber Du musst ernsthaft prüfen, ob die Stelle für einen schwerbehinderten Menschen – gegebenenfalls mit technischen Hilfsmitteln, organisatorischen Anpassungen oder flexiblen Arbeitsbedingungen – in Frage kommt, und anschließend die Bundesagentur für Arbeit einbeziehen, damit sie Dir aktiv geeignete Kandidaten vorschlagen kann.
(siehe § 164 SGB IX)
Was bedeutet „Vermittlungsauftrag“ konkret?
Ein Vermittlungsauftrag ist ein offizieller Auftrag an die BA, passende schwerbehinderte Bewerber für Deine Stelle vorzuschlagen.
- Er muss über den vorgesehenen Kommunikationsweg (z. B. Online-Formular oder den BA-Arbeitgeber-Service) erfolgen.
- Er muss alle relevanten Stelleninformationen enthalten.
Was das BAG mit dem aktuellen Urteil klargestellt hat
Das Gericht bekräftigt mit dem Urteil “BAG, Az. 8 AZR 123/24”: Nur ein formeller Auftrag an die BA erfüllt die Pflicht. Fehlt er, kann das ein Indiz für Diskriminierung sein.
Damit wurde aus einer eher „weichen Pflicht“ jetzt eine klare Handlungsvorgabe. Wer sie ignoriert, riskiert Entschädigungsforderungen.
Hier kannst Du das aktuelle Urteil im Detail nachlesen:
BAG, Urteil vom 27.03.2025 – 8 AZR 123/24 (bundesarbeitsgericht.de)
Ist jedes Unternehmen verpflichtet?
Kurz gesagt: Ja, jedes Unternehmen hat Verantwortung – aber nicht jedes hat die gleiche Verpflichtung.
Beschäftigungsquote nach § 154 SGB IX: Ab 20 Arbeitsplätzen (im Jahresdurchschnitt) sollst Du mindestens 5 % mit schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen besetzen. Das ist der Kern der Inklusionsquote und soll Vielfalt im Betrieb fördern, nicht belasten. (siehe § 154 SGB IX)
Prüf- & Einbindungspflicht nach § 164 Abs. 1 SGB IX: Unabhängig von der Größe gilt: Wenn eine Stelle geeignet ist, musst Du ernsthaft prüfen und die BA aktiv einbinden (Vermittlungsauftrag), damit gezielt passende Bewerber vorgeschlagen werden. Das ist der Schritt, den die aktuelle BAG-Rechtsprechung besonders betont.
Wer zählt als „Arbeitsplatz“ nach § 156 SGB IX?: Maßgeblich ist nicht einfach die Kopfzahl. „Arbeitsplätze“ im Sinne des Gesetzes werden nach speziellen Regeln gezählt (z. B. zählen auch Dienst- und Beamtenverhältnisse; es kommt auf den Monatsdurchschnitt an). Dadurch kann die Zahl der Arbeitsplätze von der Zahl der Beschäftigten abweichen. (siehe § 156 SGB IX)
Wenn die Quote (noch) nicht erfüllt ist: Das ist kein Makel, sondern ein Startpunkt. Du kannst die Quote schrittweise erreichen – der Vermittlungsauftrag hilft Dir dabei, aktiv geeignete Kandidaten zu finden. Solange die Pflichtplätze unbesetzt sind, fällt die Ausgleichsabgabe an; sie finanziert wiederum Leistungen, die inklusive Beschäftigung unterstützen.
(siehe § 160 SGB IX)Formalitäten im Jahreslauf: Die BA verlangt eine jährliche Anzeige zur Erfüllung der Beschäftigungspflicht; fällige Ausgleichsabgaben sind jeweils bis 31. März des Folgejahres an das zuständige Integrationsamt zu zahlen.
(siehe Anzeigeverfahren 2024 – Bundesagentur für Arbeit)
Wie prüfst Du, ob eine Stelle für schwerbehinderte Menschen geeignet ist?
Arbeitgeber müssen vor der Ausschreibung prüfen, ob ein Arbeitsplatz auch mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann und frühzeitig aktiv die Bundesagentur für Arbeit (BA) einschalten. Aber wie sieht eine solche Prüfung aus?
Die Bundesagentur stellt einen sogenannten Instrumentenkoffer zur Verfügung – eine praxisorientierte Broschüre, die zeigt, wie die BA und Integrationsämter Arbeitgeber dabei unterstützen, geeignete Stellen intelligent mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen.
Der Technische Beratungsdienst der Integrationsämter bietet konkrete Hilfe – insbesondere zur ergonomischen oder organisatorischen Anpassung von Arbeitsplätzen. Das unterstützt Dich bei der Einschätzung, ob eine Stelle geeignet ist oder angepasst werden kann.
Schritt-Für-Schritt Anleitung für Deine Prüfung:
Kernanforderungen festlegen
Was muss vom zukünftigen Arbeitnehmer in der ausgeschriebenen Rolle erfüllt werden?
Beispiel: „regelmäßiges Heben von 20 kg“, „Führerschein zwingend erforderlich“, usw.
Anpassungen prüfen
Könnte man durch technische Hilfen, Arbeitsplatzanpassungen oder flexible Arbeitszeiten die Tätigkeit für schwerbehinderte Mitarbeiter ermöglichen?
Beispiel: Bildschirmarbeitsplatz → Screenreader für Blinde.
Sicherheit & Zumutbarkeit
Gibt es rechtliche Vorschriften, die entgegenstehen (z. B. Arbeitsschutz, Tauglichkeitsuntersuchungen)?
Wären die Anpassungen unverhältnismäßig teuer oder organisatorisch nicht machbar.
Unterstützung einholen
Die BA und Integrationsämter beraten und finanzieren oft sogar Hilfsmittel.Dokumentation
Ergebnis „geeignet“ → Vermittlungsauftrag an die BA.
Ergebnis „nicht geeignet“ → sachlich begründen und archivieren.
Wie Heyrecruit Dich unterstützt
Damit das Ganze nicht zur Bürokratie-Falle wird, unterstützt Dich Heyrecruit mit einer direkten Anbindung an die Bundesagentur für Arbeit:
- BA-Zertifikat in Heyrecruit hinterlegen: Voraussetzung ist ein gültiges Zertifikat der Bundesagentur für Arbeit, das Du für Dein Unternehmen beantragen musst. Wie das funktioniert, erklären wir hier im Helpcenter unter “Registrierung bei der Bundesagentur für Arbeit – Schritt für Schritt”
- Vermittlungsauftrag in den Multiposting-Einstellung aktivieren: Sobald Dein Zertifikat in Heyrecruit hinterlegt ist, kannst Du im “Stellenanzeigen-Manager” in den “Multipostingdaten” einer Stellenanzeige einfach „Ja“ bei „Vermittlungsauftrag einstellen“ auswählen. Zusätzlich kann die Information mitgegeben werden, ob die Stelle für Schwerbehinderte geeignet ist.
- Automatischer Vermittlungsauftrag: Heyrecruit übermittelt daraufhin für diese Stellenanzeige automatisch den Vermittlungsauftrag an den Online-Service der Bundesagentur.
Damit hast Du den gesetzlich geforderten Vermittlungsauftrag mit wenigen Klicks erledigt – und gleichzeitig alle Nachweise an einem Ort.
Wenn Du Fragen zur Umsetzung oder zur BA-Anbindung hast, erreichst Du uns jederzeit unter support@heyrecruit.de.